Kurt Sommer, Dipl.-Ing. Gerhard Untiedt, Meyer Werft GmbH & Co. KG; Dipl.-Ing. Veiko Schulz, Sven Ropers, Siemens AG
Bis in die 60er-Jahre war Gleichstrom an Bord durchaus üblich. Die Vorteile lagen in der Einfachheit von Antrieben. Erst durch die Entwicklung von Leistungselektronik wurden geregelte Antriebe auch in Wechselstromsystemen möglich. Erst dadurch konnten sich Wechselstromsysteme auf Schiffen durchsetzen. Inzwischen ist es üblich, dass alle größeren Antriebe drehzahlgeregelte Drehstrommotoren sind. Die jüngste Entwicklung führte dazu, dass die meisten elektrischen Verbraucher inzwischen Gleichstromverbraucher sind: bei der Beleuchtung setzt sich LED-Technik durch, Elektronik erhält immer höheren Stellenwert (beides sind Gleichstromverbraucher). Die aktuelle Entwicklung lässt erkennen, dass auch elektrische Quellen in Zukunft Gleichspannungsquellen sein werden: Photovoltaik, Akkus und mittelfristig auch Brennstoffzellen werden die Netze der Zukunft bestimmen. Es gibt bereits Schiffe, deren Energiesystem auf Gleichstrom basiert. Beispielsweise hat die Neptun Werft eine lange Serie von Flusskreuzfahrtschiffen und Siemens einige Offshoreversorger mit Gleichstromsystemen ausgerüstet. Diese Maßnahmen waren erfolgreich, beschränken sich bisher aber auf die Fahranlage. Durch das verteilte Gleichstromnetz ist eine immense Ersparnis im Bereich der Leistungselektronik und damit in den Verlusten zu realisieren. Gleichstromsysteme auf Schiffen haben also noch ein Defizit: Die Verteilung. Die meisten Schiffe – insbesondere Passagierschiffe – haben ein weit verzweigtes Bordnetz, für das es bisher keine technische Lösung auf Gleichstrombasis gibt. Die Entwicklung eines solchen Netzverteilsystems ist notwendig. Dabei sollte eine Lösung gefunden werden, die für möglichst schiffstypenübergreifend anwendbar ist. Derzeit gibt es keinen durchgängigen Komponenten und Standard für Gleichstromsysteme. Diese Freiheit kann zu Windwuchs mit vielen teuren Einzellösungen führen. Von vornherein berücksichtigt, ermöglicht sie eine generelle, maritime Lösung. Um dies anzugehen ist ein Forschungsprojekt zum Thema „Gleichstromsysteme auf Schiffen“ in der Planung, in dem sich verschiedene Firmen wie Schneider Electric, LRS, TUHH, Siemens, MEYER WERFT und weitere zusammentun wollen, um Lösungen hierfür zu schaffen. So können sie als Grundlage für Standards dienen, die kompatibel mit Anwendungen in anderen Bereichen z.B. Hochbau und Verkehrssektor sind. Dies würde die Zulieferindustrie in die Lage versetzen, größte Stückzahlen zu produzieren und damit günstige Komponenten zu ermöglichen, so wie es heute bei den Wechselstromkomponenten ist.