Christopher Krause, M.Sc., Technische Universität Hamburg
Jedes Schiff zur See ist durch die auftretenden Erregungen potentiellen Gefahren ausgesetzt. Die Beachtung der vorliegenden Gefahrenbereiche ist für den sicheren Schiffsbetrieb unerlässlich, um Schäden an oder Verlust von der Besatzung, dem Schiff und der Ladung zu vermeiden. Mit E4-ROLLS verfügt das Institut für Entwerfen von Schiffen und Schiffssicherheit über eine validierte Methode zur Berechnung der Schiffsbewegung im Seegang. Die Ergebnisse können auf verschiedene Grenzkriterien überprüft werden, sodass beispielsweise das Überbordgehen von Containern oder die Durchführbarkeit von Offshore-Operationen begutachtet werden kann. Die Auswertung der Grenzkriterien mündet in der Vorhersage der ertragbaren signifikanten Wellenhöhe für den jeweiligen Fahrtzustand. Diese Berechnungen sind bisher nur begrenzt automatisiert und werden weitestgehend nur für konkrete Szenarien durchgeführt. Ziel dieses Projektes ist die Ausweitung der E4-ROLLS Berechnungen auf das gesamte Betriebsspektrum des betreffenden Schiffes und der hierfür notwendigen Grenzkriterien. Deren Ergebnisse sollen als Trainingsdaten für eine künstliche Intelligenz (KI) herangezogen werden, sodass ein recheneffizientes Modell des Seeverhaltens des betreffenden Schiffes erstellt werden kann. Mit diesem Modell kann so unverzüglich für den akut vorliegenden Fahrtzustand bzw. die durchzuführende Offshore-Operation ein Polardiagramm über die vorliegenden Gefahrenbereiche im Seegang ausgegeben werden. Dieses Verfahren soll in der Schaffung eines bordseitigen Assistenzsystems münden, um die Besatzung so beraten zu können, dass sie die Situationen mit gefährlichen Schiffsbewegungen vermeiden kann. Hierfür wird dem System bei Ablieferung das berechnete Modell der KI aufgespielt. Für den Bordbetrieb muss das System Informationen über den vorliegenden Fahrtzustand in Form der Schwimmlage und des Beladungszustands erhalten. Insbesondere die Bestimmung der metazentrischen Höhe (GM) und der Rollträgheit ist für eine korrekte Vorhersage des Seeverhaltens unerlässlich. Es ist bekannt, dass die Bestimmung des GM bei Schwergutschiffen bereits durch die Nutzung der Krängungstanks vollzogen wird. Dieses Verfahren soll für alle Schiffe mit einer vergleichbaren Anlage verwendet werden. Zur Bestimmung der Rollträgheit und -dämpfung wird ein durch Ruderlegen induzierter Rollausschwingversuch vorgesehen. Für die Beurteilung von Offshore-Operationen, wie beispielsweise dem Ladungsumschlag auf See, muss außerdem die vorgesehene Ladungsbewegung vorgegeben werden, sodass deren Einfluss, insbesondere durch hängende Lasten, auf die Schiffsbewegung berücksichtigt werden kann. Um die Situation zur See beurteilen zu können, muss außerdem der aktuelle Seegang bekannt sein. Es wird darauf verzichtet, aus Messungen der Schiffsbewegungen Rückschlüsse auf den Seegang zu ziehen. Hierfür soll stattdessen ein Seegangsradar verwendet werden . Mit diesen Information kann das KI-Modell selbständig das gültige Polardiagramm erzeugen und den Fahrtzustand bewerten. Sofern eine potentiell gefährliche Situation vorliegt, können aus dem erzeugten Polardiagramm Empfehlungen für Kurs, Geschwindigkeit und u.U. Ballastierung ergehen, um die Schiffssicherheit weiterhin zu gewährleisten.