Robert Balla-Nostitz, Besecke GmbH & Co. KG, Rostock
"Im vergangenen Jahrzehnt ist ein deutlicher Trend hinsichtlich eines gesellschaftlichen Umdenkens zum Schutz unserer Umwelt und zur Sicherung der Lebensqualität zukünftiger Generationen entstanden. Kaum ein Industriezweig wird spurlos an den daraus resultierenden Veränderungen vorbei gehen können. So tauchen auch im Schiffbau und in der Schifffahrt immer häufiger Begriffe wie „Energiewende“, „E-Mobilität“, „Emissionsreduzierung“ oder „ökologischer Fußabdruck“ auf. Anforderungen, welche aus politischen, gesellschaftlichen, aber hauptsächlich aus ökologischen Zwängen entstehen, erfordern schnelles aber kein überstürztes Handeln. Als Anbieter von Energieverteilungssystemen und Automationslösungen für Schiffe versucht die Firma besecke GmbH & Co. KG Antworten auf aktuelle Fragen zu geben, um mit ihren Partnern und Kunden rechtzeitig zukunftsfähige Gesamtlösungen ent-wickeln zu können. Dabei setzen sie sehr früh im Schiffbauprozess an: bei der Planung und Auslegung der energetischen Systeme eines Schiffes.
Der konventionelle Ansatz, den Bedarf an elektrischer Energie für ein noch nicht gebautes Schiff zu ermitteln, führt über die Bewertung von Verbrauchern oder Verbrauchergruppen mit so genannten Gleichzeitigkeitsfaktoren. Dieses Verfahren bringt aber gleich mehrere Nachteile mit sich. Fährt ein Schiff mehrere Tage über das offene Meer, so wird dieser energetische Zustand in der aktuellen E-Bilanz mit einem Wert erfasst. Dabei ist es offensichtlich, dass der Energiebedarf aufgrund von Jahreszeit, Helligkeit, Temperatur, Wind und Abläufen an Bord, die von den Crew- und Gästeaktivitäten ab-hängig sind, schwanken wird. Zudem betrachtet das herkömmliche Verfahren ausschließlich die stati-sche Leistung und nicht die Dauer, die eine bestimmte Leistung benötigt wird. Somit ist eine Aussage zum Energiebedarf und die Auslegung von Energiespeichern mit dieser Methode kaum möglich. Um zukünftig (alternative) elektrische Energieerzeuger und -speicher für den Schiffsbetrieb optimal auslegen zu können und das Verbraucherverhalten so abzustimmen, dass es zu der zur Verfügung stehenden Energie passt, wird eine neue Methode benötigt, die den Schiffsbetrieb detailliert erfasst und das Verbraucherverhalten praxisnah widerspiegelt.
Die Firma besecke setzt bei der Herausforderung der detaillierten Energiebilanzierung eines Neubauprojektes bei der Ursache für den Energiebedarf an. Da der Energiebedarf durch die an Bord ablaufenden Prozesse entsteht, wurde bei besecke ein Modell entwickelt, um diese Prozesse zu beschreiben. Durch Verknüpfung der elektrischen Verbraucher mit den Prozessen in einer Datenbank kann so jeder denkbare energetische Zustand eines Schiffes detailliert nachgebildet werden. Mit aufgezeichneten Fahrdaten von Referenzschiffen und dazugehörige Daten von Umwelteinflüssen wird auf Basis der mo-dellierten Prozesse das Schiffsverhalten simuliert und ein elektrisches Lastprofil generiert. Anhand dieses Lastprofils lassen sich geeignete Erzeuger auswählen und dimensionieren. Auch der zweckmäßige Einsatz von Energiespeichern und die Bestimmung der erforderlichen Kapazität zur Erhöhung der Energieeffizienz ist mittels der Simulation möglich. Das ermöglicht eine bessere Auslegung von Generatoren als mit der konventionellen E-Bilanz und die Erstellung eines ganzheitlichen Energiekonzeptes.
Im Weiteren ist das Ziel bei besecke die Überführung des Prozessmodells aus der Simulation in ein Energiemanagement an Bord. Durch hinreichende Prozesskenntnis wird es möglich sein, elektrische Verbraucher gezielt zu beeinflussen um Lastschwankungen auszugleichen. Je nach gewünschtem Effi-zienzgrad kann die Beeinflussung unbemerkt stattfinden oder auch zu (akzeptablen) Einschränkungen, z.B. auf Kosten des Komforts, führen. Durch kontextbezogene Datenerfassung werden weitere Er-kenntnisse über an Bord stattfindende Prozesse gewonnen und in die Simulation zurückgeführt."