Jonas Feuerhahn, Technische Universität Hamburg
Die eingereichte Bachelorarbeit beschäftigt sich mit der Untersuchung einer Querflutungsberechnung im Zeitbereich anhand eines Schiffsentwurfs. Mittels der in dieser Arbeit vorgenommenen Berechnung soll geprüft werden, ob und wie viel Attained-Index bei einer Analyse der Zwischenzustände einer Querflutung im Zeitbereich gegenüber dem derzeitigen konservativen Leckstabilitätsnachweis zu gewinnen ist. Um diese Frage zu beantworten, wird ein aktueller RoRo Fahrgast Schiffsentwurf mit einer Monte-Carlo basierten Leckrechnung in Kombination einer direkten Flutungsberechnung im Zeitbereich untersucht.
Hintergrund dieser Untersuchung ist die deutliche Erhöhung der Leckstabilitätsanfordernisse für aktuelle Passagierchiffsentwürfe seit der Einführung der SOLAS 2020.
Da der untersuchte Entwurf der RoRo Passagierfähre nach den Regeln der SOLAS 09 entwickelt wurde, wird zunächst der nach diesen Vorgaben benötigte Required-Index und zu erreichende Attained-Index berechnet. Es zeigt sich, dass der Entwurf diesen Leckstabilitätsnachweis ohne große Probleme erfüllt und alle geplanten Ladefälle legal fahren darf. Da der Entwurf aber noch nicht gebaut wurde, soll er nun nach den Regeln der SOLAS 2020 bewertet werden. Die Veränderung der Berechnung führt zu einer Erhöhung des Required-Indexes um ca. 9% für diesen Entwurf.
Zur Zeit fordert die aktuelle SOLAS-Vorschrift eine Analyse von kritischen Zwischenzuständen unter konservativen Berechnungsannahmen, die zwar mit abgeschwächten Kriterien bewertet werden, jedoch in den meisten Fällen zu erheblichen Indexverlusten führen.
Um das maximal mögliche Indexpotential für die anschließende detaillierte Untersuchung im Zeitbereich zu ermitteln, werden zunächst die Zwischenflutungsfälle in der Standardleckrechnung vernachlässigt, was einer idealen Querflutung ohne Flutungsverzögerung entspricht. Durch diese ideale Annahme würde sich der A-Index um ca. 5 % erhöhen, was im Anschluss mit einer Echtzeitrechnung geprüft werden soll.
Für die Berechnung der Querflutungszustände im Zeitbereich muss das Berechnungsmodell für Räume mit Querflutkanälen weiter verfeinert und um Mannlochöffnungen mit entsprechenden Druckverlustfaktoren für den verzögerten Durchfluss erweitert werden.
Ein Vorteil der Anwendung einer Monte-Carlo basierten Leckrechnung im Gegensatz zum zonen-basierten Leckrechnungsverfahren ist die Kenntnis der Leckabmessungen durch eine zufällige Ziehung einer großen Anzahl von Beschädigungsquadern auf Basis der bekannten statistischen Verteilungsfunktionen für die Größe und Lage der Lecks. Anschließend wird geprüft, welche Raumkombinationen beschädigt sind und durch einfaches Auszählen der Treffer je Raumkombination wird eine kumulierte Trefferwahrscheinlichkeit ermittelt.
Einzelne Leckquader, die zu einem kritischen Zwischenflutungszustand führen, werden für eine detaillierte Flutungsberechnung im Zeitbereich herausgefiltert. Diese Leckquader werden mit dem Raummodell verschnitten und die Öffnungen an den beschädigten Raumgrenzen voll automatisch erzeugt, die für die Flutungssimulation zur Berechnung der Volumenströme bedingt durch Druckdifferenzen zwischen den Räumen oder zur See notwendig sind.
Für jeden Leckquader eines Zwischenflutungsleckfalls wird eine direkte Flutungsberechnung unter Berücksichtigung der Schiffsbewegung durchgeführt bis sich entweder eine stabile Schwimmlage einstellt oder das Schiff schon vorher kentert. Abhängig von der Leckfläche und Position des Lecks für einen einzelnen untersuchten Leckfall sind die Flutungsverläufe unterschiedlich. Jeder Leckquader, für den das Schiff die Endschwimmlage erreicht, wird gezählt und ins Verhältnis zur Gesamtzahl der für den untersuchten Leckfall gezogenen Leckquader gesetzt. Dieser Wert repräsentiert eine echte Überlebenswahrscheinlichkeit, die mit dem s_intermediate-Wert anhand der empirischen s-Faktor Formel aus der Vorschrift ersetzt wird. Um den neuen angepassten A-Index zu ermitteln, wird für alle Leckfälle wieder eine Unterscheidung zwischen s_intermediate und s_final vorgenommen.