Ellen Woyciechowski, Hochschule Bremen
Schiffsbewegungen, insbesondere bei extremem Seegang, schränken die Einsatzfähigkeit der Besatzung wesentlich ein. Außerdem reduziert sich das Wohlbefinden und der Komfort der an Bord befindlichen Personen. Um diese subjektiv wahrgenommenen Situationen bewerten zu können, ist es erforderlich, die Auswirkungen der Schiffsbewegung objektiv zu bestimmen. Aus diesem Grund gibt es verschiedene Kennzahlen, die den Einfluss von Schiffsbewegungen auf beispielsweise Seekrankheit und menschliche Leistungsfähigkeit an Bord ermitteln. Diese Arbeit konzentriert sich auf die bekanntesten Kriterien, den Motion Sickness Incidence (MSI) und den Motion Induced Interruptions (MII).
Der MSI gibt an, wie viele Personen sich an Bord über einen bestimmten Zeitraum übergeben müssen. Er findet vor allem realistische Anwendbarkeit auf kurzen Strecken mit Gelegenheitspassagieren, die kaum Gewöhnung an Seegangsbedingungen haben, und somit wahrscheinlicher den Symptomen der Seekrankrankheit erliegen.
Handelt es sich um eine erfahrene Crew, so ist der MII von größerem Interesse, da er eine Einschätzung über die Einsatzfähigkeit der Besatzung liefert. Er gibt an, wie viele Arbeitsunterbrechungen über einen bestimmten Zeitraum erfolgen, aufgrund von gleichgewichtsbedingtem Wegrutschen oder Umkippen.
Für diese Kriterien gibt es Berechnungsformeln und statistische Ansätze. Es ist möglich, den MSI und MII für bestimmte Seegangsspektren und Geschwindigkeiten zu prognostizieren, jedoch gibt es bisher kaum Software an Bord, welche diese Kriterien auf Basis von aktuellen Schiffsdaten ermitteln kann.
Im Rahmen dieser Bachelorarbeit sollte eine spezialisierte Software entwickelt werden, welche die verschiedenen Kriterien zur Bewertung der Einsatzfähigkeit von Personen an Bord aus den gemessenen Bewegungsdaten des Schiffes berechnet.
Die theoretischen Grundlagen umfassen die detaillierte Beschreibung und Berechnung der Indikatoren und eine Vielzahl an Grenzwerten aus verschiedenen Vorschriften. Den zweiten Teil dieser Arbeit nimmt die Programmierung der Messsoftware in der Programmierumgebung LabVIEW der Firma National Instruments ein. LabVIEW ermöglicht bei der Programmierung eine zielgerichtete Umsetzung der Berechnungen und Funktionen, sowie eine strukturierte Benutzeroberfläche. Die gemessenen Daten werden eingelesen und aufbereitet, daraufhin werden die mathematischen
Verknüpfungen zur Berechnung der Kriterien erstellt und abschließend deren Ausgabe, einschließlich bekannter Grenzwerte visualisiert. Das entwickelte Programm „Motion Impact Computation“ (MIC), berechnet neben dem MSI und MII auch die RMS-Werte des Rollwinkels, des Stampfwinkels und der lateralen und vertikalen Beschleunigung. Für alle Kriterien gibt es Grenzwerte aus verschiedenen Vorschriften, die als Vergleichswerte in MIC integriert sind und zusätzlich eine Möglichkeit der Einordnung der Ergebnisse liefern.
Um die zuverlässige Funktion von MIC zu gewährleisten, wurde anhand einer Beispielrechnung, zweier Datensätze der SVA und einer Probefahrtmessung, eine umfassende Prüfung der Ergebnisse durchgeführt.
Die entwickelte Software ist ein Werkzeug, um die objektiven Ergebnisse mit dem eigenen subjektiven Empfinden direkt an Bord vergleichbar zu machen und wird bei der Fr. Lürssen Werft in der Schiffstheorie praktische Anwendung finden.