Carl Mennerich, Hochschule Flensburg
Die weltweite Handelsschifffahrt nutzt bisher fossile Kraftstoffe, die bei Ihrer Verbrennung CO2 emittieren und somit zum Treibhauseffekt beitragen. Bindende globale Vereinbarungen verlangen auch von der Handelsschiffahrt zukünftig eine signifikante Reduktion der CO2-Emissionen.
Neben Biokraftstoffen sind hierbei PowerToX-Kraftstoffe, Kraftstoffe auf Basis von mittels Stromes aus erneuerbarer Quelle erzeugtem Wasserstoff, aussichtsreiche Kandidaten. Ammoniak ist einer dieser möglichen zukünftigen Kraftstoffe und erfordert auch keinerlei regenerativen Kohlenstoff zur Synthese. Resultierend aus dem hohen Potential von Ammoniak als zukünftiger Schiffskraftstoff ist der Wunsch entstanden, Forschungen dazu auch an der Hochschule Flensburg durchzuführen und Erfahrungen im Bereich Schiffsmotorenbetrieb mit Ammoniak als Kraftstoff zu sammeln. Eine Möglichkeit zur Umsetzung besteht darin, den Forschungsmotor ”FoMo 4524“ der Hochschule so zu modifizieren, dass Ammoniak-Betrieb, vorerst nur auf einem von drei Zylindern, möglich ist.
Die Arbeit evaluiert ausgehend von den Eigenschaften des bestehenden Motors, eines schweröltauglichen Dreizylinder 4-Takt-Dieselmotors, sowie den chemischen, physikalischen, thermodynamischen und Verbrennungseigenschaften des Ammoniaks als auch bestehender Studien zur Nutzung von Ammoniak als Kraftstoff in Verbrennungskraftmaschinen, wie die Prozesse im Motor idealerweise ablaufen sollten und ermittelt, wie der vorgeschlagene Umbau erfolgen kann.
Basierend auf bestehenden Erkenntnissen aus verschiedenen Studien und relevanter Explosionskenngrößen (Zündgrenzen, Zündenergien, Mindestzündtemperaturen, Druckanstiegsfaktoren, Durchbrenngeschwindigkeiten, etc.) wird festgestellt, dass eine Fremdzündung erforderlich sein wird, da eine Selbstzündung und das dafür erforderliche äußerst hohe Verdichtungsverhältnis mit mehreren Nachteilen und Unsicherheiten behaftet sind. Darauf folgend werden unterschiedliche Möglichkeiten zur Fremdzündung sowie verschiedene Gemischbildungssysteme miteinander verglichen und abschließend ermittelt, welches Konzept zu präferieren ist.
Anschließend wird eine Auslegungsberechnung erstellt um auf dieser Basis die einzelnen Komponenten, insbesondere das Kraftstoffsystem, auslegen zu können. Auf Grundlage bestehender Regeln einer Klassifikationsgesellschaft und für Landanlagen geltender Gesetze und Verordnungen werden die wichtigsten Sicherheits- und Bauvorschriften kurz benannt. Ebenso wird evaluiert, welche Anforderungen an ein Sicherheitssystem zu stellen sind und wie dies ausgelegt werden kann.
Darauf folgt ein systematischer Überblick über die relevanten, von Ammoniak-Betrieb betroffenen Motorkomponenten und die sich aus dem Kraftstoff für diese ergebenden Anforderungen und Schwierigkeiten. So wird dargestellt, welche Ansprüche an Werkstoffe gestellt werden und welche Werkstoffe verwendet werden können.
Des Weiteren wird detailliert betrachtet, wie die Kraftstofflagerung erfolgen sollte. Ebenso wird evaluiert, wie das im Prozess darauffolgende Kraftstoffsystem und die Einspritzanlage ausgelegt werden kann, welche Kennwerte diese zu erfüllen haben und welche Herausforderungen sich aus der Toxizität und den chemischen Eigenschaften des Ammoniaks hierfür ergeben. Anschließend werden die sich daraus ergebenden Spezifikationen für die Komponenten des Motors (unter anderem Zylinderkopf und Kurbelraumentlüftung) ermittelt. Abschließend wird kurz dargestellt, welche Abgasbeschaffenheit, insbesondere im Hinblick auf eventuelle Schadstoffe wie NOX, N20 und unverbranntes Ammoniak zu erwarten ist und welche Anforderungen an das Abgassystem sich daraus ergeben.
Nach der schwerpunktmäßigen Betrachtung der Stoffeigenschaften, der Zündverfahren, der Auslegung des Motors für treibstoffgemischten Betrieb und der Sicherheitsanforderungen für das Treibstoffsystem gibt die Arbeit einen Ausblick auf künftige Forschungsansätze.